Mein alter Benz ist mal wieder fällig. Wenn ich so aus dem Fenster schaue wäre da so einiges zu tun. Die Simmerringe lecken an den Bremszylindern, die Leitungen sind fast durch getrottet, doch wenn ich eine Weile mit dem Pedal pumpe kommt er immer noch zum Stehen.
Aber die Maschine läuft unverwüstlich – eben gute deutsche Wertarbeit aus einer Zeit, wo die Teile noch nicht aus der ganzen Welt kamen. Der Motor klingt wie ein alter Bulldog. Das hören alle, wenn ich morgens los fahre, weil das Salz der letzten Winter von der Abgasanlage nicht viel übrig gelassen hat. Der Lack hält die Karosse noch ganz gut zusammen, auch wenn ich durch die Seitenscheibe einsteige, um ein Herausfallen der Türen zu verhindern.
Probleme mit dem TUV hatte ich bisher nie, doch ich habe dieses Mal ein großes Problem: Mein alter Prüfer wurde bei seiner letzten Hauptuntersuchung von unserem Herrgott aus dem Verkehr gezogen. In dem Zustand wird es meinem Wagen wie meinem Prüfer ergehen, nicht auszudenken. Ich habe gehört, dass die beim TUV jetzt so kulant sein sollen. Vielleicht kann man das auch telefonisch regeln – ich ruf da jetzt mal an.
Tut …. tut … tut …
Zehnbier: Oh, welch eine Warterei. Naja sind ja auch beschäftigt müssen auf die Schnelle doch die Gutachten für die ganzen KKW erstellen. Ah, jetzt nimmt jemand ab.
Hansen: TUV Mord, Hansen was kann ich für Sie tun?
Zehnbier: Zehnbier hier, ich brauche einen TUV für meinen alten Benz.
Hansen: Sie wollen also Ihr Fahrzeug bei uns vorstellen, da schaue ich gleich mal nach einem Termin für Sie.
Zehnbier: Nee, dass mit dem Vorstellen lassen wir mal lieber.
Hansen: Wie jetzt?
Zehnbier: Naja, also ich will meinem Wagen so einen weiten Weg nicht mehr zumuten.
Hansen: Hmm.
Zehnbier: Also von der Maschine her kein Problem … allerdings sind da schon so ein paar geringfügige Mängel, nix Gravierendes. Ist eben in die Jahre gekommen wie unsere Atomkraftwerke.
Hansen: Wem sagen Sie das. Da mussten wir Gutachten schreiben, ohne dass wir Zeit und Gelegenheit gehabt haben, uns die einmal wirklich von nahem anzuschauen. Uns blieb nichts anderes übrig, als die Kraftwerksbetreiber telefonisch zu befragen, sonst hätten wir das in der kurzen Zeit nie schaffen können.
Zehnbier: Wie ich in Erfahrung bringen konnte, waren Sie da sehr engagiert, Herr Hansen.
Hansen: Ja, ich fühle mich der Sache eben sehr verpflichtet.
Zehnbier: Also wie Sie nach der Notstromversorgung fragten … und Ihr Verständnis für die Antwort: Wir produzieren hier keinen Notstrom, sondern Atomstrom, damit keiner Notstrom braucht, wenn die Windräder still stehen. Das versteht jeder, wobei die Windräder ja oft wegen dem Atomstrom still stehen, aber das behalten wir lieber für uns.
Hansen: Also ich sehe,wir verstehen uns.
Zehnbier: Das habe ich mir gleich gedacht. Ich faxe Ihnen gleich meinen Fahrzeugschein und eine kleine Liste mit unerheblichen Mängeln und Sie schicken mir dann den Prüfbericht mit Plakette einfach zu.
Hansen: Ich werde mich Ihrer Sache annehmen.
Zehnbier: Ich verspreche Ihnen, bevor ich den Hof verlasse, erde ich die Behörden informieren und den Verkehrsraum sperren lassen und den Verkehrsfunk informieren.
Hansen: Sehr vorbildlich.
Zehnbier: Und Sie sperren dann einfach den Luftraum über Deutschland und haben das Problem mit den Kernkraftwerksbetreibern vom Tisch!
Hansen: Da müssen Sie mich jetzt drauf bringen. Da hätte ich ja auch von selber drauf kommen können. Vielen Dank, Herr Zehnbier. Das Gutachten und die Plakette gehen heute noch mit der Post an Sie raus. Ich bedanke mich für das anregende Gespräch.
Sprachlos auf meine TUV Plakette wartend mit einem sorgenvollen Blick in die Zukunft verbleibe ich bis zur nächsten Woche Euer Franz Zehnbier.